Wie baut man das Zusammenleben?
11. März 2023
Wie baut man das Zusammenleben?
Das Wohnhaus «altes Weinlager» in Nuglar ist mit verschiedenen Preisen schon ausgezeichnet worden. Zuletzt war es der Solothurner Architekturpreis, der das Augenmerk in der weiteren Region auf den unkonventionellen Bau lenkte. Nebelfrei nahm dies zum Anlass, um unter der Leitung von Architektin Lilitt Bollinger das Gebäude vorzustellen. So traf sich am Samstag, 11. März eine Gruppe von Interessierten zur Führung durch das Haus.
Stehen lassen und verdichten
Rasch wurde dabei klar, wie Lilitt Bollinger zwei wichtige Nachhaltigkeitsanliegen an diesem Bau umsetzte. Sie versuchte einerseits, bestehende Bausubstanz zu erhalten. Obwohl das Volumen des neuen Wohnbaus nicht mehr dieselbe Grösse wie das alte Gebäude haben durfte, liess sie das Untergeschoss des ehemaligen Weinlagers nicht abreissen, sondern nutzte diese intakten Teile als Kellerhalle und Garage für das neue Wohnhaus. «Das barg einige Risiken. Aber es ist dabei auch ein riesiger geschenkter Raum entstanden», wie Bollinger ausführte. Ein gemeinschaftlicher Raum, den die Bewohnenden zum Werken, Spielen und Feste feiern nutzen und der auch Erinnerungen an das alte Gebäude mit seinen Geschichten in sich trägt.
Die vorhandenen Pilzstützen im Keller im Abstand von viereinhalb Metern gaben gleichzeitig den Grundriss für den neuen Holzaufbau vor. Denn auf ihnen stehen die Trennwände zwischen den einzelnen Wohnungen. Das ergab sechs Wohneinheiten und damit vier mehr, als ursprünglich vorgesehen. Mit einer Arealüberbauung war eine Ausnahmeregelung wegen der grossen Parzelle möglich. So wohnen zur Zeit insgesamt 15 Personen im «alten Weinlager». Der haushälterische Umgang mit dem Boden ist damit ein zweites wichtiges Zukunftsanliegen, für welches Bollinger mit ihrem Bau einen Lösungsansatz zur Diskussion stellte.
Flexibel hält länger
Beim Rundgang durch drei Wohnungen zeigten sich weitere bauliche Raffinessen. Zum Beispiel sind auf den relativ schmalen Grundrissen einheitlich zwei Geschosse untergebracht. Die Eigentümer entschieden sich aber je nach ihren Bedürfnissen für grosszügige Längs- oder Quergalerien oder planten weitere Zimmer und Nasszellen ein. Da viele Varianten bereits im Grundausbau berücksichtigt wurden, lassen sich die Wohnungen auch im späteren Nutzungsverlauf sehr einfach den sich ändernden Bedürfnissen an-passen.
Den Gedanken weiterspinnen
Der anschliessende Apéro bot Gelegenheit, sich über das gemeinschaftliche Zusammenleben auszutauschen. Denn nicht nur der Keller, sondern auch die Aussenküche und der gesamte Garten werden gemeinsam genutzt. In der gemütlichen Runde zeigte sich auch, dass mit den beiden Siedlungen «Arena» und «Atrium» bereits zwei weitere Projekte gemeinschaftlichen Zusammenlebens in Nuglar bestehen. Und dass darüber hinaus Bedarf für weitere besteht, insbesondere auch für Wohnformen, welche das Zusammenleben verschiedener Generationen – von Neugeboren bis Betagt – möglich machen.
Andreas Kaufmann